10.5 / 1963 / Ack Van Royen
10.6 / 1963 / TromPoet Dusco Gojkovic
10.7 / 1963 / Pat Halcox
10.8 / 1963 / Peter Tüllmann
10.5 / 1963 / Ack Van Royen
10.6 / 1960 / TromPoet Dusco Gojkovic 10.7 / 1963 / Pat Halcox 10.8 / 1963 / Peter Tüllmann
Jugoslawien / Belgrad / Wahldeutscher Chris Barbers Jazzband Sir Gusche Band / "Hokum" Strandpartyfest
Aus: “schlagzeug - Jazz in Wort und Bild”, Berlin, Januar 1960, Nummer 1, Preis DM 1,-

TROMPOET DUSCO

Jeder Jazzmusiker, der auf sich hält, hat eine Geschichte, die kurz nach der Entwöhnung beginnt, und die er immer dann erzählt, wenn er interviewt wird. Warum sollte darauf Dusco Gojkovic verzichten, jener in Jugoslawien geborene Trompeter und Wahldeutsche seit einigen Jahren. Und was er erzählt, das hört sich so an: “Noch Gitarrespieler in der Schulkapelle ging ich eines Abends mit einem Freund durch die Gassen der Belgrader Altstadt. Durch die schon halb geschlossenen Jalousien eines Antiquitätengeschäftes erspähte ich ein Horn - ein altes, zerbeultes Kornett. Ich mußte es haben. Und obwohl das Geld, was ich mir von einem Freund borgte, sicher für ein anderes Instrument gereicht hätte: ich hing mein Herz an dieses alte Ding aus Messing, dessen Züge schon mit Wachs verklebt waren. Und fortan auch an das Trompetespielen.”

Es war immer noch das gleiche Instrument, mit dem Dusco zur Aufnahmeprüfung in das Belgrader Konservatorium ging. Er meisterte die Schwierigkeiten zur Überraschung der prüfenden Professoren spielend, seiner Laufbahn im klassischen Bereich stand nichts im Wege. Aber schon damals gehörte Duscos Liebe dem Jazz, seit der Zeit, als er zum ersten Mal Louis Armstrong und Roy Eldridge im Radio gehört hatte. Es blieb dabei während der fünf Jahre Musikhochschule, während des gleichzeitigen philosophischen Studiums an der Belgrader Universität.

Während der Ferien spielte er in Badeorten mit eigener Combo. 1951 hatte er sein Debut beim Radio Belgrad, und bald darauf sah man ihn dort im Tanz- und Jazzorchester als ersten Trompeter. Ein Gastspiel der deutschen Pianistin Jutta Hipp mit dem damaligen Trompeter Carlo Bohländer brachte mit einer Einladung nach Frankfurt die entscheidende Wendung im Leben des jungen Jugoslawen. “Ich nahm mein Horn und fuhr nach Deutschland. Am Hauptbahnhof begrüßte mich Carlo wie einen alten Freund. Es war am 26. August 1955, das Datum werde ich nie vergessen. Im Frankfurter Jazzkeller war ich sofort zu Hause, jeder war hilfsbereit und für mich da. Ich hatte doch nichts als meinen Anzug und meine Trompete - bald fand sich auch ein Quartier für mich.” Das bestand aus einem alten Feldbett, aufgestellt im seinerzeit noch im Rohbau befindlichen Frankfurter “Storyville”, wo ihn morgens die Bauarbeiter weckten. Dusco sagt: “Es war primitiv und romantisch, ich hatte kein Geld, und doch war ich glücklich. Echte Jazzluft zu atmen war befreiend.”

Im Keller traf er die internationale Jazzelite. Eines Abends Dizzy Gillespie, der so von ihm eingenommen war, daß er ihn auf seiner Spezialtrompete blasen ließ, und sich selbst an das Klavier setzte, um ihn zu begleiten. Solche Begegnungen waren Ansporn zu harter, unablässiger Arbeit, bis seine Technik so ausgefeilt war, daß er bereits 1956 im Publikum-Poll als Deutschlands bester Jazz-Trompeter genannt wurde.

Es kam ein Engagement bei Kurt Edelhagen, Marshall Brown wählte ihn für seine internationale Band zum New Port Jazz Festival aus. Von der Musik dieser Formation war Dusco nicht begeistert: “Es war mir zu konstruiert, wir hatten zu wenig solistische Freiheit, als Erfahrung nahm ich nur mit, wie man Jazz nicht spielen soll. Aber es gab große Erlebnisse am Rande, in den Staaten. Dazu gehört das Zusammentreffen mit Miles Davis, mit dem ich herzlichen Kontakt schloß. Von ihm lernte ich viel, vor allem das “relaxing”. Von jedem großen Jazz-Man kann man etwas lernen ohne zu plagiieren. Wenn ich spiele, will ich meine eigene Story erzählen.”

Und Dusco erzählt immer “seine eigene Story”. Man empfindet es genauso als wenn ein anderer ein Gedicht oder eine Novelle schreibt - vor allem, wenn man ihn bei freier Improvisation in irgendeiner Session erleben kann. Er spielt Chorusse mit sparsamsten Mitteln, nicht ohne Humor. Seine Arrangements für das Mangelsdorff’sche Jazztett, dem er einige Zeit angehörte, sprechen von großer musikalischer Klugheit. Der Ausdruck seines Instrumentes reicht vom lyrischen Blues bis zur eiskalten Schärfe des Tones. Man nennt ihn den “Trompoeten”.

Fragt man ihn nach dem Stil, den er spielt, bekommt man zur Antwort: “Ich weiß es nicht und kümmere mich auch nicht darum. Manche sagen, ich spiele Hard Bop. Für mich ist es die Musik von heute, man Jazz-Stil.”

Inzwischen ist Dusco Gojkovic zu Edelhagen zurückgekehrt. Seinen Platz bei Mangelsdorff hat der engliche Trompeter Stu Hamer eingenommen. Und wir wissen nicht, was wir von Dusco zu erwarten haben. Vielleicht ist die Big Band nicht die rechte Landschaft für ihn. Er gehört wohl doch mehr in die Werkstatt solcher musikalischen Poeten, die Combo.

Juliana Strauss